Klaus Ohlmann stellt am 21 1 2003 einen neuen Fabel-Rekord im Streckensegelfliegen auf. Entlang der argentinischen Anden pulverisieren Klaus Ohlmann und sein Copilot Karl Rabeder den alten Rekord und knacken mit 3008,8 Kilometern erstmals die 3000-Kilometer-Grenze.
Mit diesem Flug wurde eine neue Seite der Segelfluggeschichte aufgeblättert. Sein Flugzeug? Ein Nimbus 4 DM. Das D steht für Zweisitzer, das M für Motor (der nicht eingesetzt wurde).
Der Flügel stammt vom Einsitzer Nimbus 4, dessen kleiner 1:4 Bruder in diesem Bericht vorgestellt werden soll.
Ein Segelflugzeug mit „Nimbus“
Zahlreiche Weltmeistertitel wurden mit dem Nimbus 2, 3 und 4 erflogen. Der Nimbus 4 gehört aerodynamisch zum Besten, was es zu kaufen gibt. Man darf also gespannt sein, wie sich ein käuflicher Voll-GFK/CFK Scale-Nachbau im Maßstab 1:4 dieser „Super-Orchidee“ im täglichen Flugbetrieb schlägt.
Unkomplizierter Transport
Bei über 6 Metern Spannweite macht man sich so seine Gedanken bezüglich Transport und Handling. Erstaunlich klein ist dafür die Größe des durch eine Spedition gelieferten Kartons. Die Erklärung liegt in dem vierteiligen Aufbau der Tragfläche. (Mit den 30cm langen Tiplets kommt man auf sechs Flügelteile). Kein Einzelteil, auch nicht der Rumpf misst mehr als zwei Meter! Und schon ist die Idee geboren, das Modell künftig komplett in einem Skisack zu transportieren (funktioniert prima). Die Einzelteile sind übrigens perfekt in Luftpolsterfolie verpackt. Flügel- und Leit werksteile stecken zudem in passenden Flächenschutztaschen, die im Lieferumfang enthalten sind. An dieser Stelle sei vorweg genommen, dass der Flügel mit einer HQ-Profllierung (3% Wölbung) aufwartet, die sich bei anderen Großseglern hervorragend bewährt hat.
Die Ausstattung ist denkbar komplett. Die robuste Schleppkupplung sitzt bereits an ihrem Platz. Die Passgenauigkeit der Teile untereinander könnte nicht besser sein. Das Finish der Formteile ist traumhaft gut. Alle Teile zeigen sich hochglänzend weiß und spiegelglatt. Die Breite der Nahtstellen an Rumpf- und Flügelschalen sind auf ein Minimum reduziert.Diese Bauteile sind auch schon mit grauen Kennzeichen versehen, die – und das ist wirklich der Clou – bündig in die Deckschicht eingelassen. Das gleiche gilt für die deutsche Landeskennung in schwarz/rot/gold auf dem Seitenleitwerk. Besonders schön: Die Kabinenhaube ist ohne Verzug mit dem Haubenrahmen verklebt und passt sauber. Solche Arbeiten, die viele Baustunden verschlingen und auch manchen Experten nicht immer auf Anhieb gelingen, sind von HKM beriets ohne Tadel ausgeführt. Ein Federgestütztes Gelenk sorgt für eine weiche und selbst haltende Öffnung nach vorn/oben. (Anmerkung: Die Haube des Vorbildes öffnet nach rechts). An eine maßstabstreue Sitzwanne (grau) wurde genauso gedacht wie an die Abdeckhaube des Einziehfahrwerkes im Rumpfinneren. Wer schon einmal auf schmutziger Piste gestartet oder gelandet ist, weiß dies zu schätzen.
Man wird fast verlegen ob des extremen Vorfertigungsgrades. Hat das noch mit Modellbau zu tun? Muss man denn gar nichts mehr selbst machen? Doch! Aber der Zeitaufwand ist überschaubar und verschiebt sich in Richtung fachgerechter Montage der insgesamt zwölf Servos. Man will ja die gebotenen Möglichkeiten voll ausschöpfen.
Keine Frage: Der Nachbau eines Offenen-Klasse-Segelflugzeugs mit einer Streckung von 38,8 ist für einen kommerziellen Hersteller durch aus mutig. Viele Produzenten schummeln hier mit etwas mehr Flügeltiefe oder kleinerer Spannweite. Nicht so HKM. Beim Nachmessen der Einzelteile offenbart sich der Genauigkeitsanspruch des Herstellers. Bis auf den Milli-meter genau sind alle Abmessungen im Maßstab 1:4 realisiert.
Die einzige Ausnahme bildet das Höhenleitwerk: Dieses ist, wie bei den meisten Großsegler Modellen, bewusst größer gehalten (Spannweite 1000 mm statt 775 mm). Mit dieser Maßnahme wird der geringere Auftriebsanstieg des Leitwerksprofils bei kleinen Re-Zahlen kompensiert und so die flugmechanische Stabilität verbessert.
Zum Orignal-Erscheinungsbild tragen weitere wesentliche Details bei: Das stabile Alu-Einziehfahrwerk trägt ein luftgeflülltes Rad mit 100 mm Durchmesser (4 Zoll). Die Fahrwerksklappen sind sauber ausgesägt und schon fertig anscharniert. Das Thema „Vorfertigungsgrad“ ließe sich noch fortsetzen.
Vor dem Einbau der Servos werden alle Ruder auf Leichtgängigkeit geprüft. Natürlich weist der Voll-GfK-Flügel spiel- und spaltfreie „Elasticflaps“ auf, die beim Probanden noch etwas steif wirken. Um die Rückstellgenauigkeit der Servos zu verbessern und um den Stromver-brauch zu beschränken ist das Scharnier mit einer Dreikantfeile etwas nachgearbeitet worden. Um nicht an vorsichtigerweise abzurutschen sollte die Feile nur gestoßen, nicht gezogen werden. Sonst riskiert man einen hässlichen Kratzer auf der Edel-Oberfläche.
Der Einbau der Servos im Rumpf geht flott vonstatten. Das Höhenruderservo sitzt im Holm- steg des Seitenleitwerkes. Das Seitenruderservo sitzt vorn neben dem Fahrwerk. Die Verbindung zum Ruder erfolgt durch einen so genannten 1.7mm starken „Polystahl“ (Bowdenzugseele aus GFK), bekannt und bewährt bei F3B- und F3J-Modellen, Das Seiten-ruder wird mittels eines Kugelkopfes an das Gestänge angeschlossen. Einzig die Pfanne des Kugelkopfs sitzt etwas stramm und schwergängig. Hier kann mit einem passenden Fräser schnell für Abhilfe gesorgt werden.
Das Fahrwerksservo wird aus Gründen einer möglichst kurzen Anlenkung direkt am Fahrwerksrahmen festgeschraubt. Bis auf das Servo für die Schleppkupplung können überall Servos mit Standardmaßen verwendet werden. Für die Schlepp-kupplung bietet sich das robuste Graupner C-3341 in idealer Weise an, da der vordere GFK-Rumpfspant für die Aufnahme dieses Servos vorbereitet ist.
Während im Rumpf reichlich Platz für den Einbau der Servos vorhanden ist, geht es im Flügel, insbesondere im Ausseflügel , wegen der hohen Streckung scho etwas enger zu. Zum Antrieb der Querruder eignen Servos der 10mm Klasse (im Test Hitec HS5125HS digital).Für den die mittleren Wölbklappen reichen 13mm Servos aus während im Flügelinnenbereich (innere Wölb- und Störklappen) der Bauraum auch 15mm Servos zulässt. Erhöht man den Servoweg senderseitig auf 120% können alle Rudergestänge servoseitig jeweils am inneren Loch des Abtriebsarms eingehängt werden (radialer Abstand von der Achse 8,5 bis 10 mm). Diese Maßnahme verbessert die Stellkraft der Servos (zu Lasten der Stellgeschwindigkeit) und reduziert die Momenten-Belastung des Getriebes bei Einwirkung von außen.
Ja, der Leser hat richtig gezählt: Allein das Flügelpaar verschlingt acht Servos. Zusammen mit den vier Servos für Höhenruder, Seitenruder, Schleppkupplung und Einziehfahrwerk kommt man also auf insgesamt 12 Servos, die individuell angesteuert werden möchten. Dies schreit zum einen nach einem erstklassigen 12-Kanal-Empfänger (im Test Graupner DS24) und zum anderen nach einer passenden Sendersoftware.
Alles in allem geht die fertigstellung des Modells sehr zügig voran. An keiner Stelle erlebt man unliebsame und damit zeitaufwändige Überraschungen. Alle Detaillösungen sind überzeugend und bedürfen keinerlei Modifikationen. Die Stromversorgung übernehmen 2 x 5 Zellen Sanyo 1800 SCE, die über eine Schottky-Diode zusammengeschaltet werden. Damit sind über vier Stunden Flugspaß mit ausreichend Sicherheitsreserven garantiert. Natürlich könnte man, da noch etwa 900g Trimmblei benötigt werden, noch größere Akkus einsetzen. Aber erstens sind die zusammen 3600mAh mehr als ausreichend und zweitens passen die 10 SC Zellen exakt unter die Sitzwanne. Um die Empfängerplaztine nicht unnötig zu belasten werden die Flügelservos direkt aus der Batterie gespeist. Im Empfänger selbst stecken dann nur noch die Impulsleitungen. (Siehe dazu den Bericht „Total vernetz“ von R. Wenzel in FMT 01/2003). Auf eine elektronische Doppelstromversorgung kann verzichtet werden –sorgfä#ltige Akkupflege ist wichtiger.
Das Oberflächenfinish ist bereits perfekt und bedarf keiner weiteren Nacharbeit. Allerdings sollte man einem solch vorbildtreuen Vogel auch eine entsprechende Innenausstattung gönnen:
Hier wurde auf das 1:4 Cockpit- Set von Multiplex zurückgegriffen. Und in der Sitzwanne darf eine vorbildtreue Pilotenpuppe nicht fehlen. Hier sind die „Scale Pilots“ von Axel Pfannmüller absolut erste Wahl (www.axels-scale-pilots.de). Erst mit einer solchen Puppe erhält das Cockpit ein perfektes Gesicht!
Trotz der zügigen Montage sollte man bis zur endgültigen Fertigstellung etwa 40 Stunden einkalkulieren. Was man oft vergisst: so an die 80 Lötstellen müssen mit größ er Sorgfalt ausgeführt werden.
Wie schön. dass man moderne Computer-Sender softwaremäl3ig aufrüsten kann. Und so erschien jüngst bei Graupner das update Profi-ROM mc-24. Diese Software ist wie geschaffen für den HKM Nimbus 4, denn sie lässt eine vorbildlich übersichtliche Programmierung des Sechs-Klappen-Flügels zu. Dies geschieht schnurstracks und ähnlich wie die Programmicnmg von F3B-oderF3J-Modellen. Lediglich für das zweite Störlappenservo benötigt man noch einen weiteren Mischer. Die Hauptsache wird mit dem Flächenmischer erledigt (neuer Code 71).
Was die Zahl der zu programmierenden Flugphasen angeht hat jeder seine eigenen Vorstellungen. In Anlehnung an andere Segelmodelle verwendet der Autor beim Nimbus 4 sechs Flugphasen mit den entsprechenden Phasentrimmungen, um bei einem Modellwechsel nicht umdenken zu müssen.
1. Normal
2. Beschleunigter Normalflug (mit Snap Flap)
3. Thermik
4. Strecke
5. Speed (mit Snap Flap)
6. Hochstart/F-Schlepp
Die entsprechenden Ruderwege, Differenzierungen und Trimmeinstellungen sind das Ergebnis zahlreicher Testflüge und in einer gesonderten Tabelle aufgelistet. Interessant ist, dass sich die Hochstartstellung auch für den F-Schlepp bestens eignet. Durch das Ausschlagen der Wölbklappen kann das Modell langsamer und somit vorbildgetreuer geschleppt werden. Gleichzeitig sorgt der etwas höhere Widerstand Für kontinuierliche Spannung im Zugseil. Dadurch wird das Risiko des Aufschaukelns im Schlepp deutlich verringert.
Der richtige Schwerpunkt
Vor dem Erstflug muss noch der Schwerpunkt überprüft werden. Fürs Grobe reicht dabei ein kompletter Aufbau ohne Traglügel aber mit Höhenleitwerk im Bastelkeller. Unterstützt am Flächenstahl sollte der Rumpf die Waage halten, Die weitere Flugerprobung ergibt schließlich einen Wert von 97 mm ab Flügelnase(Wurzel das Modell mit Flügeln. So etwa 900 Gramm für Trimmblei und Pilotenpuppe wandern in den Rumpf und bringen das Modell auf 9,35 kg. Dies entspricht einer Flächenbelastung von 82,3g‘dm Ein guter Wert für 6,6 Meter Spannweite.
Die erflogene Schwerpunktlage liegt auf der sicheren Seite und entspricht dem Bedürfnis des Piloten nach ausreichend flugmechanischer Stabilität im Geradeausflug und beim Kreisen. Aber Vorsicht: Wer einmal die kleinere (Scale-) Leitwerksspannweite von 775 mm ausprobieren möchte sollte unbedingt den Schwerpunkt um etwa 7 mm nach vorn verlegen, um das alte flugmechanische Stabilitätsmaß zurück zu gewinnen.
Der Flieger steht aufgebaut am Platzrand und das Seil für den F Schlepp wird eingeklinkt. Zum x ten mal werden alle Ruder gecheckt, die Wölbklappen auf Startstellung gebracht und endlich „Start frei“ für meinen Schlepppiloten Peter Au von der Modellfluggruppe Markdorf. Und siehe da, die Piper J3 mit einem 45er Motor hat keinerlei Mühe den Schleppzug sicher in die Luft zu bringen. Was für ein Flugbild! Weich biegen sich die Voll-GFK Tragflächen durch und elegant gewinnt der Nimbus 4 an Höhe.
Die Steigrate ist augenscheinlich sehr gut und noch während des F-Schlepps bekommt man das an genehme Gefühl., einen völlig un kritischen Segler zu steuern. Und so ist es dann auch. Was die Flugeigenschaften angeht benimmt sich der Nimbus 4 in jeder Beziehung vorbildlich. Geradeausflug, weites Kreisen, enges Kreisen, Überziehverhalten, Störklappen rein und raus. Alle Disziplinen meistert der Segler perfekt. Und ganz wichtig: Beim engen Thermikkreisen getraut man sich, wirklich an die Grenze des Maximalauftriebs zu gehen. Der Strömungsabriss kommt weich und der Höhenverlust ist gering. Und dann die Flugleistung: Fahrwerk rein und schon scheint das Modell endlos zu gleiten. Auch die erste Landung gelingt auf Anhieb. Da die inneren Wölbklappen zusammen mit den Störklappen ausgefahren werden, muss etwas „Tiefe“ beigemischt werden, damit sich das Modell nicht aufbäumt. Nach etwas Übung gelingen auch Landungen auf den Punkt. Ein Manko ist, dass bei wenig Gegenwind aufgrund der Flugmasse eine lange Ausrollstrecke benötigt wird. Hier wünscht man sich eine Radbremse.
Die weitere Feinabstimmung soll an der Winde geschehen. Wie bei anderen Großseglern geschieht der Hochstart am sichersten mit einem V-Seil (Schenkellänge etwa 2x 1 Meter). Die richtige Position der Hochstarthaken liegt etwa 2 cm unter dem Flächenstahl und etwa 1 cm vor dem Schwerpunkt.
Der Hochstart selbst erweist wieder als völlig unproblematisch. mit gesetzten Wölbklappen (wie beim F-Schlepp) und ohne den Flieger vorher festzuhalten wird im Bodenstart zügig beschleunigt und nach wenigen Metern hebt das Modell ab Schnurgerade gewinnt das Modell an Höhe. Mit einer F3B-Winde sind etwa 150 Meter Höhe machbar (Umlenkrolle 200 m entfernt). Mit der neuen. stufenlos regelbaren Flühs Winde G25 „Jumbo“ noch weit mehr.
Wegen der hohen Startfrequenz kommt man in der Flugerprobung rasch voran: Wichtigster Verbesserungspunkt ist die Anhebung der Querruderwirksamkeit. Und mit der Ansteuerung aller sechs Flächenruder lassen sich jetzt erstaunlich geringe Kurvenwechselzeiten einstellen. Dies ist nicht zuletzt für schnelles Re agieren bei Gegenverkehr am Hang wichtig.
Gelingt dort ein Start aus der Hand? Mutig geworden durch das bis hier unkritische Flugverhalten warten wir auf genügend Gegenwind und schwupp sind die über 9 Kilogramm in die Luft geschoben. Auch hier kein Problem. Jetzt sind wir froh über die verbesserte Rollwendigkeit, denn das Auftriebsband ist heute eng und dicht an der Hangkante. Trotz des schwachen Tragens tankt der Nimbus4mitjedemUmlauf mehr und mehr Energie bis endlich ein weit entfernter Bart angesteuert werden kann. Mit Negativ-Klappen auf „Strecke“ ist dies in kurzer Zeit und mit wenig Höhenverlust zu bewerkstelligen. Hier spielt das verwendete HQ-Profíl seine Stärken aus. Ohne nennenswerte Änderung der Rumpfneigung beschleunigt der Segler nur durch Hochfahren der Endleiste. Beim Einflug in die Thermik biegen sich die Flächen majestätisch und verraten das Zentrum der Blase. Hat man richtig auszentriert und ist das Wetter nicht zu unruhig kann man zur weiteren Leistungssteigerung die Klappen positiv auf „Thermik“ wölben. Nach wenigen Kreisen hat man genügend Höhe erreicht um den Flieger einmal richtig pfeifen zu lassen. Wunderbar: auch bei den Geräuschen gebärdet sich unser Proband wie eine Großer. Klappen auf Speed, ab ins Tal und zum Schluss ein großer Looping. Ja, genau so macht Hangflug irren Spaß.
Problemloser F-Schlepp, sicherer Hochstart vom Boden und Start aus der Hand am Hang: Im Dreisprung verdient der Testkandidat nur Bestnoten. Unproblematische Flugeigenschaften, überragende Flugleistungen und ein wunder schönes Flugbild machen das Modell zu einem echten Star am Modellflughimmel. Indem Erfahrungen mit Wettbewerbsmodellen in den Entwurf eingeflossen sind ist dem F3J/F3B Spezialisten HKM aus Mönchengladbach ein ganz großer Wurf gelungen.
Prof. Dr. Stephan Lämmlein